Inhibitoren erschweren die Behandlung
Produziert das Immunsystem Antikörper, können diese Hemmstoffe die Wirksamkeit des ersetzten Faktors stark vermindern.
Eine schwerwiegende Komplikation bei Ersatz eines Gerinnungsfaktors stellt die Entwicklung eines Hemmkörpers dar, eines „Inhibitors“, der die Wirksamkeit des ersetzten Faktors drastisch vermindert.
Das Immunsystem des Menschen ist darauf ausgerichtet, ihn vor Gefahren zu schützen, insbesondere vor eindringenden Krankheitserregern wie Bakterien, Viren und Pilze. Um sich gegen diese allgegenwärtigen Eindringlinge zu schützen, hat das Immunsystem die Fähigkeit erworben, fremde Oberflächeneigenschaften von körpereigenen Strukturen und Proteinen zu unterscheiden. Sobald ein Fremdeiweiß für das Immunsystem erkennbar wird, produzieren Abwehrzellen des Körpers nach einer Reihe von Zwischenschritten Gegenabwehrstoffe, sogenannte Antikörper.
Antikörper sind Eiweiße, die sich sehr spezifisch an definierte Oberflächenstrukturen binden können. Durch diese Bindung kann der Körper ein Fremdeiweiß unwirksam machen und es leichter abbauen. Mit körpereigenen Eiweißen (Proteinen) passiert dies nicht, da der menschliche Körper und sein Immunsystem im Rahmen seiner Entwicklung und Reifung den Unterschied zwischen „Fremd“ und „Eigen“ erlernt. Da ein:eine Patient:in mit einem angeborenen Gerinnungsfaktormangel dieses spezifische Gerinnungsprotein nicht, oder nur in veränderter (und damit weniger wirksamer Form) besitzt, hat das Immunsystem nicht erlernt, dieses normalerweise vorhandene Gerinnungseiweiß als „Eigen“ zu erkennen. Wird dem:der Patient:in das notwendige Gerinnungsprotein (z. B. Faktor VIII) zugeführt, kann es passieren, dass das Immunsystem dieses als „Fremd“ identifiziert – und spezifische Antikörper dagegen bildet.
In der Hämophilie sind diese Antikörper auch unter dem Begriff Inhibitor oder Hemmkörper bekannt. Diese spezifischen Antikörper können das zugeführte Gerinnungseiweiß unwirksam, schwächer wirksam und weniger langlebig werden lassen – sodass der:die Patient:in den Schutz vor Blutungen durch die Zufuhr des Medikamentes verliert.
RISIKOFAKTOREN FÜR EINE INHIBITORBILDUNG
Nicht alle Gerinnungsstörungen tragen bei der Substitutionstherapie (Ersatz des fehlenden Faktors) ein gleich hohes Risiko für eine Inhibitorbildung. Das Risiko einer Inhibitorbildung ist etwa während der ersten 50 Einzelgaben am höchsten und sinkt dann bis zur 150. Gabe auf ein stabiles geringes Niveau, welches bestehen bleibt.
Für die Bildung von Inhibitoren gibt es angeborene, also nicht beeinflussbare Risikofaktoren, wie zum Beispiel die ethnische Herkunft oder das Vorhandensein eines Verwandten mit Inhibitoren und erworbene Risikofaktoren – diese sind minimierbar und Gegenstand der Therapieplanung des:der Ärzt:in mit dem:der Patient:in. Sind Inhibitoren vorhanden und blutet der:die Patient:in, so muss diese:r weiter behandelt werden, um keinen Schaden durch die Blutung zu nehmen.
- Das Gerinnungskompendium: Schnellorientierung, Befundinterpretation, klinische Konsequenzen: Häufige Befundkonstellationen, Interpretation, klinische Konsequenz. Monika Barthels. Thieme; 2012. ISBN-10 : 9783131317520
- WFH guidelines for the management of hemophilia, 3rd Edition. Zuletzt besucht am 30.4.2021. (https://elearning.wfh.org/resource/treatment-guidelines)
- https://www.netdoktor.at/krankheit/haemophilie-7594 Zuletzt besucht am 30.4.2021
- https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/blut/gerinnungsstoerung/haemophilie Zuletzt besucht am 30.4.2021
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